Abschied von Netscape?
28.07.2003 Mitte dieses Monats schockte AOL mit der Entlassung aller 50 Entwickler des Browsers Netscape - geht nun endgültig eine 10 jährige Web-Epoche zuende?
1993 kündigte Marc Andreesen im Usenet den Browser Mosaic an, den späteren Mozilla bzw. Netscape Navigator. 1995 wurde Netscape bereits von der Mehrzahl der User benutzt, und setzte mit Frames und JavaScript Maßstäbe, an denen sich andere Browser zwangsläufig ausrichten mussten: So gibt sich der Internet Explorers bis heute als Mozilla = Netscape-Version aus, zu der er kompatibel ist, während die eigene Versionsangabe (MSIE) lediglich als Zusatz angegeben wird: Mozilla/4.0 (compatible; MSIE 6.0; Windows NT 5.1).
Über die verunglückte Version 4 des Netscape Navigators und das rabiate Vorgehen des Konkurrenten Microsoft habe ich mich bereits in der Webnotiz Netscape 4 und CSS ausgelassen. Da Microsoft den Internet Explorer quer subventionierte, war Netscape bereits 1998 finanziell am Ende. Die Entwicklung von Netscape 5 wurde eingestellt und der Source Code des Navigators wurde für eine Generalüberholung im Open-Source-Projekt Mozilla.org freigegeben. Im selben Jahr schließlich kaufte AOL die bankrotte Firma auf.
Während die Entwickler an dem neuen Mozilla bastelten, wurden von dem veralteten Navigator 4 zahlreiche Updates herausgebracht (letzte Version 4.80 im Jahr 2002), die an der Darstellungsschwäche des Browsers grundsätzlich nichts ändern konnten. AOL drängte derweil, den neuen Netscape 6 herauszubringen, der auf der Gecko-Engine des unfertigen Mozillas 0.6 aufsetzte - ein Flop. Erst mit Version 6.1, basierend auf Mozilla 0.94, kam seit langem unter dem Namen Netscape wieder ein passabler Web-Browser auf den Markt. Aber ausgerechnet in dem Moment, wie der frisch zum Download freigegebene Netscape 7.1 (Mozilla 1.4) den Internet Explorer um Längen schlägt, stoppt AOL - wegen eigener finanzieller Schwierigkeiten ein zweites Mal ungeduldig geworden - jede weitere Entwicklung des traditionsreichen Browsers.
Netscape wird als Browser-Name nach und nach verschwinden, letztlich sind die neueren Netscapes aber nichts weiter als ein Mozilla mit ein paar AOL-Beigaben wie dem AOL Instant Messenger. Immerhin beteiligt sich AOL neben Sun und Red Hat finanziell an der Gründung der Mozilla Foundation, so dass der Open-Source-Browser weiterentwickelt werden kann. Man darf also hoffen, dass den Internet-Usern mit dem Original Mozilla eine sehr gute Alternative zum Internet Explorer erhalten bleibt :)
Weitere Webnotiz zum Thema: AOL und die Browser